|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Strafbarkeit bei Schätzung wegen mangelhafter Kassenbuchführung ?
A. Häufig enden steuerliche Prüfungen mit Mehrergebnissen aufgrund einer (Hinzu-)Schätzung gemäß § 162 AO, weil die Buchführung mangelhaft ist. In der Praxis legen die Prüfer regelmäßig den BP-Bericht der Straf- und Bußgeldsachenstelle (StraBu) zur strafrechtlichen Würdigung vor.
Allzu häufig ist festzustellen, dass die StraBu aufgrund der im Schätzungswege gefundenen Mehrergebnisse undifferenziert Ermittlungsverfahren einleitet, Angebote auf Einstellung gemäß § 153a StPO unterbreitet oder gar Strafbefehle beantragt. Immer wieder ist festzustellen, dass die erforderliche Unterscheidung zwischen der rein fiskalischen Schätzung nach § 162 AO aufgrund festgestellter Mängel in der Buchführung und einer objektiv festzustellenden Tathandlung im strafrechtlichen Sinne nicht vorgenommen wird. Das bloße Vorliegen eines Mehrergebnisses wird dann als Steuerverkürzung im Sinne des objektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) gewertet. Für den subjektiven Tatbestand, den bedingten Vorsatz, soll es ausreichen, dass sich der Steuerpflichtige nicht hinreichend über seine buchhalterischen Pflichten erkundigt habe.
Praxisbeispiel:
Der Koch G. eröffnete 2009 einen Landgasthof gehobener Küche mit Biergarten. Erfahrung als selbständiger Gastronom hatte er nicht. Bei einer Betriebsprüfung wird die Kassenbuchführung verworfen, weil die Z-Bons aus Unwissenheit nicht durchgängig vorgelegt und einige Kassenminusbeträge festgestellt wurden. Objektive Verkürzungshandlungen wie nicht gebuchte Wareneinkäufe oder Schwarzlohnzahlungen o.ä. werden ausdrücklich nicht festgestellt. Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung werden die Gewinne entsprechend dem unteren Rand der Richtsatzsammlung geschätzt. Die Steuernachzahlung für drei Jahre beträgt 50.000 € zzgl. Zinsen.
Nach Zahlung leitet die StraBu das Strafverfahren ein und teilt dem verdutzten G mit, dass beabsichtigt sei, einen Strafbefehl i.H.v. 16.000 € zu beantragen. Als Begründung wird angegeben, G hätte als steuerlicher Laie einen Steuerberater zu Rate ziehen müssen. Indem er dieses unterließ, habe er die Verkürzung von 50.000 € Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer billigend in Kauf genommen, er habe also bedingt vorsätzlich gehandelt.
B. Der von der StraBu gemachte Vorwurf begründet die Annahme einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung aus mehreren Gründen nicht.
I. Vorsatz
Der Vorwurf ("kein Steuerberater"), zielt zum einen auf eine Pflichtwidrigkeit ab, die schon nicht die Annahme eines Vorsatzes, sondern allenfalls die Annahme einer (groben ?) Fahrlässigkeit rechtfertigen kann. Wenn der steuerliche Laie die Erfordernisse der Kassenbuchführung nicht kennt und sich nicht entsprechend informiert, besagt dies aber nichts darüber aus, dass er dadurch Steuern verkürzt, dieses billigend in Kauf nahm oder dies gar wollte. Zum anderen schließt er von der Pflichtwidrigkeit auf das Vorliegen einer Steuerverkürzung (die billigend in Kauf genommen worden sei). Ein Fehlschluss, da eine objektiv-kausale Verkürzungshandlung und der Taterfolg (§ 370 Abs. 1 Nr. 1: ... über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige ... Angaben macht ... und dadurch Steuern verkürzt) im strafrechtlichen Sinne ungeprüft einfach unterstellt werden.
strong>II. Objektiver Tatbestand
Mängel der Buchführung lassen keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu.
1. Die Abgabenordnung und die Strafprozessordnung haben unterschiedliche Regelungen und Regelungsbereiche (§ 393 Abs. 1 AO).
Der formelle Mangel der Kassenbuchführung führt zwar dazu, dass es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen gibt und berechtigt deshalb zur steuerlichen Hinzuschätzung. Umgekehrt lässt er aber keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu (BFH v. 25.03.2015 -X R 20/13-) !
Das wegen fehlerhafter Buchführung auf der Befugnis gemäß § 162 AO gründende Schätzungsmehrergebnis lässt also gerade nicht auf eine strafrechtlich relevante Verkürzung schließen. Das steuerliche Schätzungsmehrergebnis ist strafrechtlich damit ohne jeden Belang.
2. Kein Anfangsverdacht
Der reine Schätzungsfall begründet damit schon keinen Anfangsverdacht und erst recht keinen hinreichenden Tatverdacht.
Mehrergebnisse einer Steuerprüfung führen nach § 10 Abs. 1 BpO nicht automatisch zur Meldung an die StraBu, zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und schon gar zu einer strafrechtlichen Sanktion.
In den AStBV (St) 2014 Nr. 130 Abs. 3 Satz 2 ist geregelt, dass eine Unterrichtungspflicht der StraBu erst besteht, wenn "Anhaltspunkte" für eine Straftat vorliegen, die eine Untersuchung des Falles durch die StraBu geboten erscheinen lassen. Bloße Vermutungen reichen nicht.
Die gleichlautenden Erlasse zu Anwendungsfragen zu § 10 Abs. 1 BpO vom 31.08.2009 regeln, dass Differenzen nach Verprobungen (z.B. Chi-Quadrat-Test oder Zeitreihenvergleich) nur dann einen strafrechtlichen Anfangsverdacht begründen können, wenn weitere objektive Anhaltspunkte für eine Verkürzung vorliegen (etwa Kontrollmitteilungen; im Gastronomiebereich etwa klassischer Weise die Feststellung nicht verbuchter Wareneinkäufe; Feststellung schwarz beschäftigter Küchen- oder Servicekräfte; nicht plausible Erklärungen für Geldzuflüsse bei Differenzen von einigem Gewicht). Liegen solche zusätzlichen objektiven Anhaltspunkte nicht vor, besteht danach auch kein strafrechtlicher Anfangsverdacht, der etwa eine Meldung an die StraBu rechtfertigen würde !
Im Beispielsfall sind solche objektiven Anhaltspunkte nicht festgestellt. Wenn damit schon ein Anfangsverdacht zu verneinen ist, kommt erst recht das Vorliegen eines weitergehenden hinreichenden Tatverdachtes der zur Anklageerhebung/Beantragung eines Strafbefehls erforderlich ist, denknotwendig nicht in Betracht.
3. Unzulässigkeit der Feststellung der Tathandlung (1. Stufe) im Wege der Schätzung.
Die StraBu darf die Tat selbst nicht im Wege der Schätzung feststellen. Dies ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zulässig !
Im Steuerstrafverfahren ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (nur) zulässig wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen (die Verkürzungshöhe) aber ungewiss ist. Auch nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist im Falle der Steuerhinterziehung bei nicht behebbaren Zweifeln hinsichtlich der Tatfrage die Feststellung eines Sachverhalts mittels reduzierten Beweismaßes- mithin im Schätzungswege - nicht zulässig.
Wenn es um Steuerhinterziehung geht, ist mithin die konkrete Feststellung materieller Sachverhalte (konkreter Handlungen), aufgrund derer Steuern verkürzt werden, erforderlich. Erst wenn solche Sachverhalte festgestellt sind, kann auch strafprozessual auf eine Schätzung, (aber nur !) im Hinblick auf die Höhe der Verkürzung zurück gegriffen werden.
Die bloße fiskalische Schätzung nach § 162 AO mangels formell ordnungsgemäßer (Kassen-) Buchführung, die zu einem Mehrergebnis führt, kann für sich also überhaupt keinen steuerstrafrechtlichen Tatbestand begründen.
Schlussbemerkung
Dem Ansinnen der StraBu auf Beantragung eines Strafbefehls ist entgegen zu treten. In Fällen, in denen das Strafverfahren bereits eingeleitet ist, sollte zur Vermeidung von "Überraschungen" die StraBu an der Schlussbesprechung beteiligt werden. Es sollte rechtzeitig ein im Steuerstrafrecht versierter Strafverteidiger hinzugezogen werden.
März 2016
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann
Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerstrafverteidiger
Niederhofener Str. 26 74080 Heilbronn
www.siegel-hofmann.de
|
|
Korruptionsbekämpfung im Steuerrecht
Export orientierte Unternehmen müssen bei der Aquise im Ausland
bekanntlich
häufig "Schmiergelder" zahlen, um an lukrative Aufträge zu kommen.
Solche
Aufwendungen dürfen aber steuerlich nicht mehr abgezogen werden.
Darüber hinaus müssen die Unternehmen damit rechnen, dass das
Finanzamt, häufig die Betriebsprüfung, solche Feststellungen der
Staatsanwaltschaft für Zwecke der Strafverfolgung mitteilen.
§ 4
Abs. 5 S. l Nr. 10 EStG regelt ein Abzugsverbot für Aufwendungen, die
der Korruption dienen, weil sie etwa den Tatbestand der Bestechung im
geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) oder der Bestechung von oder
Vorteilsgewährung an Amtsträger nach §§ 331, § 333 - 335 StGB erfüllen.
Macht ein Unternehmer Aufwendungen für Bestechungshandlungen steuerlich
als Betriebsausgaben geltend, begeht er bei vorsätzlicher
Handlungsweise neben dem Korruptionsdelikt auch eine
Steuerhinterziehung.
Das Finanzamt ist verpflichtet, sowohl die
Straf- und Bußgeldsachenstelle wegen des Steuer-deliktes als auch
-gemäß § 4 Abs. 5 S. l Nr. 10 EStG- die Staatsanwaltschaft wegen
Korruptionsverdachtes zu benachrichtigen. Letzteres gilt sogar für den
Fall, dass Korruptionszahlungen als steuerlich nicht abziehbare
Aufwendungen behandelt wurden!
• Keine steuerliche Begünstigung von Korruption
§
4 Abs. 5 S. l Nr. 10 EStG verbietet die Geltendmachung von Aufwendungen
für Zuwendungen, die an Angestellte eines Geschäftspartners gerichtet
sind und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Leistungen des
Geschäftspartners stehen. Denn dann ist der Tatbestand einer Bestechung
im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) erfüllt.
Demgegenüber erfüllt bereits eine Zuwendung (Vorteilsgewährung) an
einen Amtsträger den
Straftatbestand
des § 333 Abs. l StGB, ohne dass eine konkrete Beziehung zu einer
Amtshandlung gegeben sein muss. Die Annahme durch den Beamten erfüllt
den Tatbestand des § 331 Abs. l StGB.
Zuwendungen in diesem
Sinne können Geld- und Sachgeschenke, Bewirtungen und andere Vorteile
sein. Aufwendungen werden vom Unternehmer gerne als "Klimapflege"
bezeichnet. Gleichwohl können solche Zuwendungen auch als „Anfuttern"
für mögliche nachfolgende Korruptionshandlungen dienen und damit
strafbar sein.
• Mitteilungspflichten
a) Macht ein
Unternehmer Aufwendungen für eine Korruptionsstraftat steuerlich
geltend, begeht er mutmaßlich eine Steuerhinterziehung. Ein
Betriebsprüfer ist dann verpflichtet, seine Feststellungen intern der
Straf- und Bußgeldsachenstelle weiterzuleiten. Um den
Steuerpflich-tigen im Hinblick auf das drohende Strafverfahren einer
Fortsetzung der Prüfung unter Fortgeltung seiner Mitwirkungspflichten
zu bewahren, besteht die Unterrichtungspflicht bereits dann, „wenn
ledig lich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren
durchgeführt werden muss". Bloße Vermutungen ziehen hingegen keine
Mitteilungspflicht nach sich.
b) Wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte (Anfangsverdacht) für
das Vorliegen einer
rechtswidrigen
Zuwendung von Vorteilen, also für eine Korruptionsstraftat
oder ordnungswidrigkeit bestehen, muss die Finanzbehörde dies
darüber hinaus der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde
mitteilen.
• Voraussetzungen der Mitteilungspflichten
Die Mitteilungspflicht setzt zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für
die steuerliche Geltend-
machung einer rechtswidrigen Vorteilszuwendung i.S. des § 4 Abs. 5 S. l
Nr. 10 EStG voraus, also einen Anfangsverdacht.
Je mehr Indizien (tatsächliche Anhaltspunkte) bestehen, desto eher wird
das Finanzamt zur
Mitteilung
verpflichtet sein. Liegen demgegenüber nur Vermutungen vor, muss der
Betriebsprüfer keine Ermittlungen zur Klärung der straf- bzw.
bußgeldrechtlichen Lage durch-führen. Eine Mitteilungspflicht besteht
dann nicht.
In einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts ist zu prüfen, ob die
festgestellten Tatsachen den
konkreten
Korruptionsstraftatbestand erfüllen können. Ist dies nicht der Fall,
weil etwa keine konkrete Gegenleistung des bedachten Mitarbeiters eines
Geschäftspartners im Räume steht, besteht keine Mitteilungspflicht.
Auch
keine Mitteilungspflicht besteht, wenn es sich um bloße Vermutungen
handelt, insbesondere dann, wenn lediglich allgemeine Erfahrungen die
Wahrscheinlichkeit von Vorteilszuwendungen nahelegen (z.B. bei
korruptionsanfälligen Branchen, Zahlungsflüssen über einschlägige
Staaten, besonders überprüfungsbedürftige Konten wie Provisionskonten
(o.a.), der konkrete Sachverhalt aber ansonsten keine Anhaltspunkte für
eine straf- oder bußgeldrechtlich relevante Vorteils zuwendung enthält.
• Verbotene Zuwendungen, die nicht steuerlich geltend gemacht worden
sind
Die
Mitteilungspflicht gemäß § 4 Abs. 5 S. l Nr. 10 EStG besteht unabhängig
davon, ob die Aufwendungen steuerlich geltend gemacht worden sind oder
nicht. Bei der Regelung handelt es sich um eine eigenständige
Mitteilungspflicht mit strafrechtlichem Charakter, unabhängig von der
steuerlichen Behandlung (FG Baden-Württemberg v. 13.2.2008 - EFG 2008,
760).
Danach besteht trotz der Tatsache, dass die mutmaßliche
Bestechungszahlung steuerlich nicht geltend gemacht wurde, eine
Mitteilungspflicht an die Staatsanwaltschaft!
• Fazit
Bedenkt
man, dass gerade im Korruptionsbereich bereits geringste Vorteilsnahmen
im Bereich von unter 1.000 € schon zu formalen Anklagen führen können,
ist hier besondere Vorsicht gefragt. Angesichts der durch die
Gesetzgebung im Zusammenhang mit der Finanzverwaltung geschaffenen
Transparenz ist die Fortsetzung gewisser Praktiken zukünftig kaum mehr
tragbar. Ein Umdenken erscheint hier unumgänglich.
Im Falle
eines Aufgriffs, etwa durch die Betriebsprüfung, sollten die
Voraussetzungen der Mitteilungspflicht sorgfaltig überprüft werden, um
die Abgabe an die Staatsanwaltschaft zu verhindern. Hierzu sollte ein
Fachanwalt hinzugezogen werden.
Mitgeteilt von Hans Georg Hofmann
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerstrafverteidiger
12/2013 |
|
Datenschutz bei Auskunftsersuchen des Finanzamtes I. Einführung Der
Datenschutz spielt im Unternehmensalltag eine zunehmende Rolle. Dies
gilt etwa auch bei Auskunftsersuchen der Steuerfahndung gemäß § 208
Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO an Unternehmen.
Beispiel: Schreiben der Steuerfahndung an Unternehmer wegen Auskunft über Umsätze und Rechnungen betreffend eines Lieferanten.
Bei
Auskunftserteilung ist im Hinblick auf die Preisgabe personenbezogener
Daten Vorsicht geboten, da der Betroffene (z.B. der Lieferant) bei
unzulässiger Offenbarung solcher Daten in seinem Recht verletzt sein
kann, weshalb zivilrechtliche (Schadensersatz-)Ansprüche bzw. auch
bußgeldrechtliche oder gar strafrechtliche Folgen drohen können.
II. Folgen der Nichtbeachtung des Datenschutzrechts im Einzelnen 1. Schadensersatzansprüche des Betroffenen gem.§
7 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wenn ihm durch eine nach dem
BDSG oder nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässige
oder unrichtige Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten ein Schaden
zugefügt wird. Dafür genügt die Preisgabe personenbezogener Daten
ohne Einwilligung des Betroffenen (etwa des Lieferanten) bzw. ohne
ausreichende gesetzliche Ermächtigung. In diesem Fall wäre die
verantwortliche Stelle (das Unternehmen) dann nach § 7 S. 1 BDSG
verpflichtet, sämtliche Schäden gemäß §§ 249 ff. BGB zu ersetzen, die
durch die unrechtmäßige übermittlung personenbezogener Daten dem
Betroffenen entstanden sind. Die Ersatzpflicht entfällt nach § 7
S. 2 BDSG nur, soweit die verantwortliche Stelle (Unternehmer bzw.
Geschäftsführer) die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt
beachtet hat.
Darüber hinaus können auch vertragliche
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer vertraglichen
Nebenpflicht und auch deliktische Schadensersatzansprüche in Betracht
kommen.
2. Bußgelder Gem.§
43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG kommt bei einer nicht rechtmäßigen übermittlung
von personenbezogenen Daten auch ein Bußgeld gegen das Unternehmen in
Betracht. Nach § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 BDSG beträgt die Geldbuße bis zu
300.000 EUR, bei Mehrfachbegehung auch deutlich mehr.
3. Sonstige Folgen a) Gem.§ 44 Abs. 1 BDSG kann sogar eine Straftat vorliegen, wenn die Ordnungswidrigkeit gegen Entgelt oder mit Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht begangen wurde. Dies setzt einen Strafantrag des Betroffenen gem.§ 44 Abs. 2 BDSG voraus.
b) Es kann auch ein möglicher wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gem.§§ 3, 4 Nr. 11 UWG gegeben sein;
c)
nicht zu vernachlässigen wäre auch ein - im Hinblick des in jüngster
Zeit gesteigerten öffentlichen Interesses an datenschutzrechtlichen
Verstößen - erheblicher Ansehensverlust für das Unternehmen.
III. Datenschutzrechtliche Relevanz Staatliche
Auskunftsbegehren an Unternehmen gehen regelmäßig auf die übermittlung
von personenbezogenen Daten und betreffen somit das Datenschutzrecht. Im
Volkszählungsurteil des BVerfG aus dem Jahre 1983 (BVerfG 15.12.83, 1
BvR 209/83, NJW 84, 419) wurde das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG
verfassungsrechtlich begründet. Danach hat jeder Einzelne das
Recht, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen
Daten zu bestimmen (BVerfG 15.12.83,1 BvR 209/83, NJW 84,419). Die
gesetzliche Umsetzung dieses Grundrechts erfolgte mit § 4 Abs. 1 BDSG,
der ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vorsieht. Danach ist
jede Datenerhebung und Datenverwendung - beispielsweise die
Speicherung, übermittlung, Nutzung etc. - von personenbezogenen Daten
grundsätzlich verboten, es sei denn, es liegt eine Einwilligung des
Betroffenen (§ 4a BDSG) oder eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage
vor.
Ein Auskunftsersuchen gem.§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO i.V.
mit §§ 93, 97 AO betrifft grundsätzlich dann personenbezogene Daten im
Sinne des Datenschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BDSG), wenn beispielsweise der
Name von Kunden oder Lieferanten, deren Anschrift, deren Geburtsdatum,
vertragliche Beziehungen zu Dritten etc. umfasst sind. Relevant
ist insbesondere das Bekanntgeben gespeicherter personenbezogener Daten
an einen Dritten in der Weise, dass die Daten an den Dritten
weitergegeben werden (§ 3 Abs. 4 S. 1 BDSG, § 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 3a
BDSG). Da das Auskunftsersuchen die Verpflichtung des Unternehmens zur
Weitergabe der Daten an das Finanzamt erfordert, liegt ein relevanter
übermittlungsvorgang in diesem Sinne vor.
Will der Unternehmer
kein rechtliches Risiko in oben bezeichnetem Sinne (s. Ziff. II.)
eingehen, muss sichergestellt werden, dass die Preisgabe der
personenbezogenen Daten rechtmäßig ist. Dies setzt entweder die
schriftliche Einwilligung des Betroffenen (z.B. Lieferanten) voraus
oder eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, §§ 4, 4a BDSG.
Im Folgenden wird unterstellt, dass -wie regelmäßig in der Praxis- keine schriftliche Einwilligung vorliegt. In
diesem Fall kommt es auf das Eingreifen einer Ermächtigungsgrundlage
an. Liegt eine solche nicht vor, darf die Auskunft zum Schutze des
Betroffenen und zur Vermeidung rechtlicher Nachteile für den
Unternehmer (s. Ziff. II.) nicht erteilt werden.
IV. Gesetzliche Ermächtigung zur Preisgabe personenbezogener Daten 1. § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO (i.V. mit §§ 93, 97 AO) stellen
(nur) dann eine Ermächtigungsgrundlage in diesem Sinne dar, wenn die
rechtlichen Voraussetzungen für das Auskunftsersuchen tatsächlich auch
vorliegen. Eine Aufgabe der Steuerfahndung sind sogenannte
Vorfeldermittlungen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
Steuerfälle gemäß § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO (i.V. mit §§ 93, 97
AO,), etwa durch Auskunftsersuchen. Voraussetzung
ist das Vorliegen eines hinreichenden Anlasses. Ein solcher Anlass ist
nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BFH dann gegeben, wenn
aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder allgemeiner Erfahrungen, die
Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht zu ziehen ist (BFH
25.7.00, VII B 28/99, DStR 00,1511.1514; BFH 5.10.06, VII R 63/05,
NJW07,1308). Der hinreichende Anlass muss im Sinne einer erhöhten
Entdeckungswahrscheinlichkeit verdichtet sein (BFH 16.1.09, VII R
25/08, NJW 09, 1998, 2000). Nach Auffassung des BFH liegt ein
hinreichender Anlass beispielsweise dann vor, wenn bei
Betriebsprüfungen Steuerverkürzungen aufgedeckt wurden, die durch für
die Berufsgruppe typische Geschäftsabläufe begünstigt worden sind (BFH
5.10.06, VII R 63/05, NJW 07,1308). Ebenfalls wurde der hinreichende
Anlass dann bejaht, wenn eine Bank Verkäufe bestimmter Wertpapiere mit
hohen Kursgewinnen innerhalb der Spekulationsfrist durchführte und die
Kunden des Kreditinstituts in erheblicher Zahl in einem bestimmten
Marktsegment innerhalb der Spekulationsfrist Aktiengeschäfte getätigt
sowie Spekulationsgewinne realisiert haben (BFH 21.3.02, VII B 152/01,
DStR 02, 993).
Nach der Rechtsprechung müssen also immer
besondere Merkmale vorliegen, um das Aus-kunftsbegehren zu
rechtfertigen. Eine nur allgemeine, nach der Lebenserfahrung
gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern oftmals verkürzt und
steuerpflichtige Einnahmen nicht erklärt werden, genügt danach nicht,
um einen hinreichenden Anlass bejahen zu können (BFH 16.1.09, VII R
25/08, NJW 09, 1998). Ermittlungen „ins Blaue hinein", bloße
Ausforschungen sowie informelle Anfragen sind daher nach ständiger
Rechtsprechung nicht zulässig (FG Hamburg 18.4.13,1 K 89/12, PStR 13,
200, EFG 13,1195).
Stellt sich nach Prüfung heraus, dass die
Voraussetzungen nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO (i.V. mit §§ 93, 97 AO)
nicht vorliegen, darf die Auskunft zum Schutze des Betroffenen und zur
Vermeidung rechtlicher Nachteile (Ziff. II.) also nicht erteilt werden,
es sei denn, es greift eine andere gesetzliche Ermächtigung ein. In
Betracht kommen insoweit Ermächtigungen nach dem BDSG.
2. Ermächtigungsgrundlage nach BDSG a) §§ 28 BDSG kommen
in Betracht, wenn das Unternehmen das Auskunftsersuchen trotz der
Unsicherheit des Vorliegens eines hinreichenden Anlasses nach § 208
Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO erfüllen möchte, etwa um eigene personelle und
finanzielle Ressourcen, die bei einem Einspruchs- und
Gerichts-verfahren unweigerlich verloren gehen würden, zu schonen.
(1) Ermächtigungsgrundlage § 28 Abs. 2 Nr. 2b BDSG §
28 Abs. 2 Nr. 2b BDSG lässt die übermittlung von personenbezogenen
Daten zu, soweit sie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist und
kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein
schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der übermittlung hat. Hierbei
sind alle Straftatbestände erfasst, ausgeschlossen sind lediglich
Ordnungswidrigkeiten. Es muss keine besonders erhebliche Straftat
vorliegen (Kehr PstR 06/2015 S. 152, 154f.; Simitis, BDSG, 8. Aufl., §
28 BDSG, Rn. 190). Die Norm erfasst auch in Betracht kommende
Steuerstraftaten.
Bezüglich der Straftat müssen mindestens
konkrete Anhaltspunkte vorliegen (Kehr PstR 06/2015 a.a.O.; Plath,
BDSG, 1. Aufl., § 28 BDSG, Rn. 97), also ein auf Tatsachen beruhender
Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 2 StPO. Dieser ist gegeben, wenn nach
kriminalistischer Erfahrung eine verfolgbare Straftat vorliegt (Diemer
in Karlsruher Kommentar StPO, 7. Aufl., § 152 StPO, Rn. 7). Ein
strafprozessualer Anfangsverdacht hat indessen höhere Anforderungen als
ein hinrei-chender Anlass i.S. von § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO i.V. mit
§§ 93, 97 AO. Folglich kann die Datenübermittlung in einer solchen
Konstellation grundsätzlich nicht durch § 28 Abs. 2 Nr. 2b BDSG
legitimiert werden.
(2) § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG (i.V. mit § 28 Abs. 2 Nr. 1 BDSG) lässt die übermittlung von personenbezogenen Daten zu, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen
des angefragten Unternehmens erforderlich ist und kein Grund zu der
Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an
dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
Ein berechtigtes
Interesse ist ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage
gerechtfertigtes tatsächliches Interesse, das wirtschaftlicher oder
ideeller Natur sein kann, d.h. es muss sich um einen Zweck handeln,
dessen Verfolgung vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird (Kehr
PstR 06/2015 a.a.O.; Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 28 BDSG, Rn. 104).
Etwa, wenn der Unternehmer ein Interesse daran hat, mit dem
Staatsanwalt zusammen zu arbeiten, um dadurch Ermittlungsmaßnahmen
abwenden zu können bzw. negative Medienberichte hinsichtlich des
Bekanntwerdens des Sachverhaltes zu vermeiden (Kehr, PStR 06/2015, 152,
155; Schmidt, ZD 12, 63, 66 und Schürrle/Olbers, CCZ 10, 178, 180).
Soweit die konkrete Gefahr besteht, dass mit weiteren behördlichen
Maßnahmen zu rechnen ist, stellt auch dies ein berechtigtes Interesse
des Unternehmens dar (Kehr, PStR 06/2015, 152, 155; Schmidt, ZD
12,63,66). Unklar ist indessen, ob Vorfeldermittlungen der
Steuerfahndung in Form eines Auskunftsersuchens ausreichend sind, um
ein solches berechtigtes Interesse, ähnlich wie bei Ermittlungen durch
die Staatsanwaltschaft zu belegen (Kehr, PStR 06/2015, 152, 155). In
begründeten Einzelfällen mag das zutreffen.
Unzulässig ist die
übermittlung immer dann, wenn ein schutzwürdiges Interesse des
Betroffenen (etwa des Lieferanten) besteht und dieses Interesse
erheblich beeinträchtigt wird. Im Einzelfall ist stets anhand des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abzuwägen zwischen den berechtigten
Unternehmensinteressen an der Preisgabe und den schutzwürdigen Belangen
des Betroffenen (Kehr, PStR 06/2015 a.a.O; OLG Düsseldorf 11.5.05, 1-15
U 196/04, MMR 05, 538, 539). Hinsichtlich der schutzwürdigen Interessen
des Betroffenen ist maßgeblich darauf abzustellen, in welche
Sphäre des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2
Abs. 1 GG i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen wird. Je sensibler die
Daten sind (§ 3 Abs. 9 BDSG), desto eher werden schutzwürdige
Interessen des Betroffenen beeinträchtigt. Die Intimsphäre ist absolut
geschützt, eine diesbezügliche Datenübermittlung wäre deshalb auf jeden
Fall unzulässig.
b) § 32 BDSG übermittlung von Beschäftigtendaten des Unternehmens § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG gilt bei der übermittlung von Beschäftigtendaten vorrangig. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten gemäß §
32 Abs. 1 S. 2 BDSG nur dann übermittelt werden, wenn zu
dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass
der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat.
Insoweit dürfte ein einfacher Anfangsverdacht gem. § 152 StPO
ausreichend sein (str., Zoll in Taeger/Gabel, BDSG, 1. Aufl., § 32
BDSG, Rn. 43; Kehr, PStR 06/2015 S. 156 m.w.N.).
Weitere Voraussetzung ist, -dass die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und -dass
das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der
Erhebung, Verar- beitung oder Nutzung nicht
überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf
den Anlass nicht unverhältnismäßig
sind. Auch bei einem Abstellen auf § 32 Abs. 1 S. 2
BDSG ist daher eine exakte Einzelfallprüfung
vorzunehmen.
IV. Fazit Die Voraussetzungen für eine Ermächtigung nach dem BDSG sind recht hoch. Wenn
das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzung von Auskunftsersuchen
(insbesondere der hinreichende Anlass) -wie häufig- zweifelhaft ist,
läuft der Unternehmer Gefahr, sich zivilrechtlich haftbar zu machen
bzw. ein empfindliches Bußgeld und ggf. einen Reputationsverlust wegen
Verletzung des Datengeheimnisses zu riskieren.
Vor dem
Hintergrund der oben unter II. dargestellten datenschutzrechtlichen
Konsequenzen dürfte wegen der häufig gegebenen Ungewissheit der
Voraussetzungen des Auskunftsersuchens gemäß § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO
die Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens und ggf. eines
Finanzrechtsstreits verstärkt zum Mittel der Wahl werden.
Heilbronn, August 2015
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerstrafverteidiger Niederhofener Str. 26 74080 Heilbronn
|
|
Der 1. Strafsenat des BGH und das
Steuerstrafrecht
Zum 1.6.2008 wechselte die Zuständigkeit für Steuerstrafsachen vom 5.
Strafsenat des BGH zum 1. Strafsenat. Eine Reihe grundlegender
Entscheidungen des I.Strafsenats zeigt eine klare Tendenz zu einer
strengeren Ahndung von Steuerstraftaten. Die wesentlichsten Neuerungen
bzw. Klarstellungen sind:
I. Selbstanzeige
1. Zur strafbefreienden Selbstanzeige - Das Urteil vom 20.5.2010
Der 1. Strafsenat hat die Voraussetzungen einer strafbefreienden
Selbstanzeige in wesentlichen Punkten erschwert. Unter anderem wurde
die Jahrzehnte alte Rechtspraxis, die die Teilselbstanzeige anerkannte,
gekippt.
Als Kernsätze formuliert der BGH:
a) Die Selbstanzeige sei eine Ausnahmeregelung und daher eng auszulegen.
b) der fiskalische Zweck, noch unbekannte Steuerquellen zu
erschließ;en, habe angesichts der heute bestehenden
Ermittlungsmöglichkeiten und der verbesserten internationalen
Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung verloren!? Die darin versteckte
These, dass unentdeckt bleibende Steuerhinterziehungen am Aussterben,
seien, überrascht dann doch.
Eine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit sei nur gegeben, wenn der Täter
nunmehr "reinen Tisch" macht. Erst dann liege eine strafbefreiende
Selbstanzeige i. S. des § 371 IAO vor. Danach tritt die strafbefreiende
Wirkung für das offenbarte Auslandskonto nicht ein, wenn gleichzei- tig
etwa bisher verschwiegene Mieteinkünfte nicht mit offengelegt werden.
Daneben wird der Sperrgrund des § 371 II Nr. l lit. a Alt. 2 AO
erweiternd aus. Danach tritt Straffrei- heit nicht ein, wenn vor der
Selbstanzeige ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder
einer Steuerordnungswidrigkeit - insbesondere im Rahmen einer
Durchsuchungsmaß;nahme- erschienen ist. Die Ermittlungsmaß;nahmen
erstrecken sich zu Beginn häufig nur auf einige der tatsächlich
strafrelevanten Jahre. Hier erfolgten bisher häufig umgehend
Selbstanzeigen für die weiteren Jahre, die in der Praxis als
strafbefreiend akzeptiert wurden. Nach dem BGH erstreckt sich die
Sperrwirkung -unabhängig vom Ermittlungswillen des erschienenen
Amtsträgers- auf alle Taten, bei denen unter Berücksichtigung des
bisherigen überprüfungsziels und den steuerlichen Gegebenheiten des
beschuldigten Steuerpflichtigen bei üblichem Gang des
Ermittlungsverfahrens zu erwarten ist, dass sie ohnehin in die
überprüfung einbezogen würden.
Dies sei jedenfalls stets dann der Fall, wenn sich die neuen
Tatvorwürfe lediglich auf weitere Be- steuerungszeiträume hinsichtlich
derselben Steuerart bei identischen Einkunftsquellen erstrecken.
Weiter verlegt der BGH den Zeitpunkt der Tatentdeckung (§ 371 n Nr. 2
AO) nach vorne. Die Entdeckung bilde erst den Ausgangspunkt der dann
gebotenen Ermittlungen.
In der Regel sei eine Tatentdeckung bereits dann anzunehmen, wenn unter
Berücksichtigung der zur Steuerquelle oder zum Auffinden der
Steuerquelle bekannten weiteren Umstände nach allgemeiner
kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat oder ordnungswidrigkeit
naheliege.
Dies sei auch schon vor dem Abgleich mit den Steuererklärungen des
jeweiligen Steuerpflichtigen denkbar, etwa bei verschleierten
Steuerquellen, wenn die Art und Weise der Verschleierung nach
kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige
oder unrichtige Angaben sei.
Ergibt sich etwa also etwa die Zuordnung eines ausländischen
Nummernkontos aus einer von der Finanzverwaltung angekauften CD, so
dürfte hier wegen der Verschleierung der Steuerquelle eine
Tatentdeckung bereits in dem Zeitpunkt der Entdeckung der Zuordnung des
Kontos zu dem Steuerpflichtigen und nicht erst im Zeitpunkt des
Abgleichs mit dessen Steuererklärung erfolgt sein!
Weiter sollen die Annahme des Kennenmüssens der Tatentdeckung heute
keine hohen Anforderungen mehr zu stellen sein. Der Sperrgrund werde
heute maß;geblich durch die objektive Voraussetzung der Tatentdeckung
und weniger durch die subjektive Komponente bestimmt. Problem: Der
Selbstanzeigewillige weiß; nicht, ob die Voraussetzungen für die
erstrebte Straffreiheit gegeben sind!
2. Schwarzgeldbekämpfungsgesetz
In dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das wohl noch im April in Kraft
tritt, wird nun in einer übergangsregelung klargestellt, dass die
o.g. Rechtsprechung, insbesondere zur Teilselbstanzeige, erst mit
In-Kraft-treten dieses Gesetzes gilt. Das Gesetz bringt aber auch
Verschärfungen, etwa im Hinblick auf den Umfang der zu berichtigenden
Steuerzeiträume. So müssen zur Wirksamkeit einer Selbstanzeige alle
noch nicht verjährten Steuerhinterziehungen einer Steuerart aufgedeckt
werden. Das sind gem. § 376 AO 5 Jahre, in besonders schweren Fällen 10
Jahre!
Bei Verkürzungen von mehr als 50.000 € pro Tat tritt
Strafbefreiung nur ein, wenn neben der verkürz- ten Steuer ein
Strafzuschlag von 5% bezahlt wird (§ 398 a AO neu)!
II. Steuerstrafrecht Allgemein
(1) Steuerverkürzung in groß;em Ausmaß;
Die Bestimmung einer Betragsgrenze von 50.000 Euro für einen
Vermögensverlust bzw. 100.000 Euro für eine bloß;e Steuergefdhrdüng je
Tatfür die Verwirklichung des Regelbei-spiels des §370III 2 Nr. l AO
(Steuerverkürzung in groß;em Ausmaß; als besonders schwerer Fall). Die
Betragsgrenze von 50.000 Euro kommt allerdings nur dann zur Anwendung,
wenn ein aktiver Vermögensverlust auf Seiten des Fiskus eingetreten
ist. Dies ist etwa der Fall, wenn auf Grund der Einreichung unrichtiger
Umsatzsteuererklärungen mit einem vermeintlichen überschuss der
Vorsteuern über die Umsatzsteuer die Auszahlung einer Steuervergütung
erfolgt. Dagegen gilt eine Betragsgrenze von 100.000 Euro, wenn der
Steuerpflichtige die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich
erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dies lediglich zu einer
Gefährdung des Steueranspruchs führt. Dies betrifft etwa das
pflichtwidrige Unterlassen des rechtzeitigen Einreichens einer
Steuererklärung.
Bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag, so der l. Strafsenat,
sei die Verhängung einer Geld- strafe nur bei Vorliegen gewichtiger
Milderungsgründe noch schuldangemessen. Bei Hinterziehungs- beträgen in
Millionenhöhe komme eine aussetzungsfahige Freiheitsstrafe nur und
ausnahmsweise bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch
in Betracht.
(2) Umfang der verkürzten Steuer bei Umsatzsteuervoranmeldungen
änderung der Rechtsprechung dahingehend, dass bei der
Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unterlassene
Umsatzsteuervoranmeldungen der tatbestandsmäß;ige Erfolg stets nicht in
einem Zinsschaden wegen einer Steuerverkürzung auf Zeit, sondern in dem
Nominalbetrag der zu niedrig angemeldeten Steuer liegt.
Nach der bisherigen Rechtsprechung handelte es sich hier um eine
Steuerhinterziehung auf Zeit, wo- bei der Steuerschaden lediglich in
der Höhe des Zinsverlustes von 0,5% der hinterzogenen Steuer- schuld je
Monat gesehen wurde. Der /. Strafsenat gibt diese Rechtsprechung auf.
Er argumentiert, dass die im Festsetzungsverfahren begangene
Steuerhinterziehung ein konkretes Gefährdungsdelikt sei, wobei die
Steuer bereits dann verkürzt ist, wenn diese nicht rechtzeitig
festgesetzt wird.
Die Umsatzsteuervoranmeldung steht gem. § 168 S. l AO einer
Steuerfestsetzung unter dem Vorbe- halt der Nachprüfung gleich. Die
Gefährdung des Steueranspruchs trete daher bereits mit der Einrei-
chung einer unrichtigen Voranmeldung unabhängig davon ein, ob der
Steuerschuldner beabsichtigt, in der Umsatzsteuer Jahreserklärung die
falschen Angaben zu berichtigen. Der tatbestandsmäß;ige Erfolg liege
stets in dem Nominalbetrag der im Voranmeldungsverfahren zu niedrig
angemeldeten Steuer. Eine spätere Berichtigung durch eine Umsatzsteuer
Jahreserklärung ist danach lediglich eine Scha- denswiedergutmachung,
die nur bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist.
(3) Strafzumessung bei Kettengeschäften
Bekräftigung des Grundsatzes, dass bei Ketten- und Karussellgeschäften
für die Strafzumessung der vom Vorsatz umfasste, aus dem Gesamtsystem
erwachsene deliktische Schaden maß;gebend ist sowie die Betonung, dass
bei Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs die Vollstreckung
einer Frei- heitsstrafe gem. § 56III StGB zur Verteidigung der
Rechtsordnung geboten sein kann.
Bei fingierten Kettengeschäften ist typisch, dass bei jedem der
beteiligten Unternehmen nur ein Teil des Gesamtsteuerschadens entsteht
und häufig bei einzelnen Gliedern der Kette - isoliert betrachtet - gar
kein Schaden entsteht.
Hierzu erkennt der 1. Strafsenat, dass jedenfalls soweit den einzelnen
Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise des Gesamtsystems
bekannt sind, für die verschuldeten Auswirkungen der Tat der vom
Vorsatz umfasste, aus dem Gesamtsystem erwachsene deliktische Schaden
maß;geblich ist.
Ferner lässt der Senat erkennen, dass er die erstinstanzliche
Strafaussetzung zur Bewährung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
missbilligt. Der BGH hebt hervor, es sei von Gewicht, bei
Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs die Rechtstreue der
Bevölkerung auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten. Daher könne
die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der
Rechtsordnung notwendig sein, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten
Einstellung sei, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt
gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die
Strafaussetzung vertraut.
(4) Berichtigungspflicht nach § 153 AO
Die Erkenntnis, dass eine Berichtigungspflicht nach § 153 I AO auch bei
vorangegangener bedingt vorsätzlicher Steuerhinterziehung besteht und
der Verstoß; hiergegen eine erneute Strafbarkeit nach § 370INr.2AO
begründet. Die Norm des § 153 I AO verpflichtet einen
Steuerpflichtigen, eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung
unverzüglich richtigzustellen, wenn er nachträglich vor Ablauf der
Festsetzungsfrist erkennt, dass diese Erklärung unrichtig oder
unvollständig ist und es hierdurch zu einer Steuerver- kürzung kommen
kann oder bereits gekommen ist. Da die Norm auf ein nachträgliches
Erkennen abstellt, entsteht diese Pflicht schon begrifflich nicht,
soweit der Steuerpflichtige bei Abgabe der Erklärung deren
Unrichtigkeit bereits gekannt hatte.
Der 1. Strafsenat hat nunmehr erstmals entschieden, dass eine
Berichtigungspflicht besteht, wenn der Steuerpflichtige bei der
ursprünglichen Erklärung die Unrichtigkeit seiner Angaben billigend in
Kauf genommen hat und sich deshalb bereits wegen bedingt vorsätzlich
begangener Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat. Dies war bisher
vom BGH nicht entschieden und in der Literatur überwiegend verneint
worden.
Der BGH verlangt damit, entgegen dem verfassungsrechtlich geschützten
Selbstbelastungsverbot quasi eine Selbstbezichtigungspflicht. Auß;erdem
wird der Steuerpflichtige, welcher zunächst mit direktem Vorsatz eine
unrichtige Steuererklärung abgibt, bessergestellt, als der zunächst
bedingt vorsätzlich handelnde Steuerpflichtige.
Dies gilt auch für die strafrechtliche Verjährung. Diese tritt bei dem
mit direktem Vorsatz handelnden Täter ohne Ruhen und Unterbrechung in
fünf (in Fällen eines ab dem 25. 12. 2008 verwirklichten Regelbeispiels
des § 370 III 2 Nrn. 1-5 AO in zehn Jahren) nach Bekanntgabe des auf
die unrichtige Steuererklärung folgenden Steuerbescheids ein.
Erkennt dagegen ein zunächst bedingt vorsätzlich handelnder Täter kurz
vor Ablauf der in diesem Fall nach § 169 II 2 AO zehnjährigen
Festsetzungsfrist sicher die Unrichtigkeit der ursprünglichen Steuer-
erklärung, so beginnt - bei Verstoß; gegen die Berichtigungspflicht -
für diese Steuerhinterziehung durch Unterlassen eine neue fünf- bzw.
zehnjährige strafrechtliche Verjährungsfrist.
Somit tritt strafrechtliche Verjährung erst gegebenenfalls mehr als 20
Jahre nach Einreichung der un- richtigen Steuererklärung ein!
(5) Zusammenarbeit von Finanzbehörden und Staatsanwaltschaft
Die Betonung der Pflicht der Finanzbehörden zur frühzeitigen
Unterrichtung der Staatsanwaltschaft in allenfür eine Evokation
geeigneten Fällen. Der Senat betont das Evokationsrecht der
Staatsanwaltschaft gem. § 386 V 2 AO, wonach diese das
Ermittlungsverfahren jederzeit an sich ziehen kann. Hiermit
korrespondiere eine frühzeitige Unter- richtungspflicht der
Finanzbehörden gegenüber der Staatsanwaltschaft über alle bei der
Steuerfahn- dung anhängigen Ermittlungsverfahren, bei denen eine
Evokation nicht fernliegt.
Der Senat weist ausdrücklich zu weiteren Konsequenzen für Amtsträger
auf ein Urteil des BGH hin, welches sich mit einer möglichen
Strafvereitelung durch die Verursachung einer Verfahrensverzöge- rung
befasst. Danach kann eine erhebliche Verfahrensverzögerung auch
strafrechtliche Folgen für die verursachenden Amtsträger haben.
Der Senat übt hierdurch Druck auf die Beamten der Straf-und
Buß;geldsachenstellen aus, häufiger die Staatsanwaltschaften
einzuschalten
(6) Schätzung von Besteuerungsgrundlagen im Strafrecht
Der BGH läß;t auch im Strafverfahren die Ermittlung des Steuerschadens
durch Anwendung der Richtssatzsammlung zu! Voraussetzung ist
allerdings, dass der Schaden nicht auf andere Weise mehr feststellbar
ist, etwa weil keine Buchhaltungsunterlagen mehr vorhanden sind.
Dabei muß; sich der Strafrichter nicht am unteren Rand der Skala
orientieren.
Mitgeteilt von Rechtsanwälte Siegel-Hofmann & Hofmann |
|
Richtiger Zeitpunkt der Selbstanzeige
Bundesfinanzhof v. 19.6.07 VIII R 99/04
Nach § 371 AO erzielt Straffreiheit, wer Einkünfte nacherklärt, bevor
das Finanzamt Kenntnis der Hinterziehung hat, kein Strafverfahren
eingeleitet wurde und noch kein Prüfer erschienen ist.
Unternehmer U erhielt am 06.01.04 eine Betriebsprüfungsanordnung für
2000-2002. Prüfungsbeginn war der 20.01.2004. Am 18.01.04 erklärte U
schriftlich Umsätze für den Prüfungszeitraum nach. Der Betriebsprüfer
erweiterte am 21.01.04 schriftlich die Prüfung auf die Jahre 1998 und
1999, da wegen der Selbstanzeige mit erheblichen steuerlichen
änderungen zu rechnen sei und forderte U auf, die Unterlagen für 1998
und 1999 am 26.01.04 vorzulegen.
Am 25.01.2004 meldete U. hoffend straffrei auszugehen, per Fax für 1998
und 1999 weitere Umsätze nach.
Die Erwartung auf Straffreiheit erfüllte sich für 1998 und 1999 nicht.
Der BFH entschied, dass der Prüfer bereits am 21.01.04, bei Bekanntgabe
der Prüfungserweiterung, zur Prüfung dieser Jahre erschienen war. Es
genüge, dass der Amtsträger seine ernsthafte Prüfungsabsicht beim
Eintreffen durch entsprechende Erklärung oder schlüssiges
Verhaltenalten erkennbar mache. Die bloß;e übergabe der
Prüfungsanordnung reiche zwar nicht, doch habe der Prüfer den U
gleichzeitig zur Vorlage der Unterlagen aufgefordert, wodurch er seine
ernsthafte Prüfungsabsicht kundtat. Die Selbstanzeige war daher
gesperrt.
Konsequenz: Die anläß;lich einer anstehenden Betriebsprüfung
abzugebende Selbstanzeige darf sich nicht auf die Prüfungszeiträume
beschränken, sondern sollte alle strafrechtlich unverjährten Zeiträume
umfassen.
Mitgeteilt von Rechtsanwälte Siegel-Hofmann & Hofmann |
|
Unterhaltsrecht: Partner muss Einkommen
ungefragt offenbaren
Während des Scheidungsverfahren hatten die Partner eine Vereinbarung
(Vergleich) über den vom Ehemann zu leistenden Trennungsunterhalt
abgeschlossen. Grundlage war ein für die Frau angenommenes
Nettoeinkommen von 800 EUR. Mittlerweile verdiente die Frau aber seit
mehr als 1 Jahr rund 1.184 EUR monatlich, was Sie aber für sich behielt.
Als es dann um die Festlegung des nachehelich zu zahlenden Unterhaltes
ging, kürzte das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Frau um
monatlich 100 EUR für die Dauer von 1 Jahr. Damit berücksichtigte es
die Tatsache, dass die Frau wegen Verheimlichung Ihrer tatsächlichen
Einkünfte zuvor zu viel Unterhalt erhalten hatte.
Vergeblich ging die Frau gegen die Kürzung des Unterhaltes vor. Der
Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil: Nach Abschluss des
Vergleichs über den Trennungsunterhalt sei die Ehefrau verpflichtet
gewesen, den Ehemann auch ungefragt über einen erheblichen Anstieg
ihres eigenen Einkommens zu informieren, weil sich dies auf die Höhe
des geschuldeten Trennungsunterhalts auswirken konnte, so die
Karlsruher Richter (Urteil vom 16.04.2008; Az.: XII ZR 107/06).
Mitgeteilt von Rechtsanwälte Siegel-Hofmann & Hofmann |
|
Ehegattenunterhalt
Auch wenn die Ehe mehr als 20 Jahre Bestand hatte, können die an die
geschiedene Gattin zu erbringenden Unterhaltszahlungen zeitlich
befristet werden.
Die Rechtslage war bisher nicht eindeutig, die Gerichte lehnten die
Befristungen des vom geschiedenen Mann zu leistenden
"Aufstockungsunterhaltes" bei einer langen Ehedauer (10 Jahre und mehr)
häufig ab.
Der Bundesgerichtgshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 26. September
2007 - XII ZR 11/05 jetzt klargestellt, dass eine Befristung der
Zahlungen nicht alleine wegen einer langen Ehedauer abgelehnt werden
darf. Entscheidend für weitere Unterhaltszahlungen sei vielmehr, ob
nach einer übergangszeit (in der Unterhaltszahlungen zu erbringen sind)
beispielsweise infolge der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung, noch
ehebedingte Nachteile vorliegen. Ist das nicht der Fall und erzielt die
Ehefrau eigene Einkünfte, die sie auch ohne die Ehe erzielen würde,
kann es ihr nach einer übergangszeit zumutbar sein, auf den höheren
Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und
sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den sie aus ihren eigenen
Einkünften erreichen kann, so der BGH. Sie hat dann keinen Anspruch
mehr auf Zahlungen des Ehemannes. Eine Befristung kann auch
nachträglich durchgesetzt werden.
Mitgeteilt von Monika Siegel-Hofmann
Rechtsanwalt und Fachanwältin für Familienrecht, Heilbronn |
|
Britische Limited Companies im Visier der
Finanzämter
Nach europäischem Recht ist eine Gesellschaft in allen
EU-Mitgliedsstaaten anzuerkennen, wenn sie nach dem Recht eines
EU-Mitgliedstaates wirksam gegründet wurde und alsdann ihren Sitz in
ein anderes Mitgliedsland verlegt.
Wegen des faktisch nicht erforderlichen Stammkapitals ist die britische
"Limited Company" in Deutschland sehr populär.
Häufig unbekannt ist, dass auch eine ausschließ;lich in Deutschland
ansässige Limited in Groß;britannien gesellschaftsrechtliche Pflichten
erfüllen muß;, insbesondere: Erstellung eines britischen
Jahresabschlusses; Aufbewahrung der Buchführung im "registered office";
Beachtung der Publizitätspflichten.
Da die Nichteinhaltung dieser Pflichten nachhaltige steuerliche
Auswirkungen im Inland hat, prüft die Finanzverwaltung hier sehr
streng. Erfüllt eine Limited Company die Publizitätspflicht in
Groß;britannien nicht, droht die Löschung im britischen Handelsregister.
Ferner erfordert das britische Recht, dass Rechtsgeschäfte des
Geschäftsführers mit der Gesellschaft
(Geschäftsführerverträge/Darlehensverträge) stets vorab in einer
Sitzung des Verwaltungsrates erklärt und protokolliert werden.
Schließ;lich darf nach britischem Recht eine Ausschüttung an
Gesellschafter nur erfolgen, wenn und soweit die Gesellschaft im
Jahresabschluss einen echten Gewinn ausweist.
Folge: Steuerlich liegen verdeckte Gewinnausschüttungen vor, wenn durch
die Löschung der Limited das Gesellschaftsvermögen (automatisch) auf
die Gesellschafter übergeht. Gleiches gilt, wenn Leistungen (z.B.
Geschäftsführergehalt oder Ausschüttungen) an den Gesellschafter unter
Verstoß; gegen das britische Recht erfolgen.
Da das britische Gesellschaftsrecht und das deutsche Steuerrecht nicht
aufeinander abgestimmt sind, ergeben sich steuerliche Fallstricke, die
die Popularität dieser Rechtsform beschränken.
Mitgeteilt von Hans Georg Hofmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Heilbronn |
|
Verschärfte Bargeldkontrollen an deutschen
Grenzen
Seit dem 15.06.07 gelten verschärfte Regeln zur Bargeldkotrolle an den
Grenzen. Die Bundesrepublik kam damit einer EU-Verordnung nach, welche
die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre nationalen Regelungen zur
Bargeldkontrolle an den EU-Au&szß;;engrenzen auf einen
einheitlichen Standard zu bringen.
Beim übertritt über die deutsche Grenze sind nunmehr mitgeführte
Barmittel i.H.v. 10.000 EUR oder mehr anmeldepflichtig. Seither waren
es 15.000 EUR.
Mit der Neuregelung gelten für EU-Binnengrenzen (z.B. nach österreich)
und für deutsche EU-Auß;engrenzen (z.B. Schweiz) jetzt unterschiedliche
Regeln.
Während bei EU-Innengrenzen Barmittel von 10.000 EUR (oder mehr) nur
auf ausdrückliches Verlangen eines Zollbediensteten anzumelden sind,
haben Reisende beim übertritt über die EU-Auß;engrenze entsprechende
Barmittel nunmehr eigenständig und ohne Aufforderung an der Grenze
schriftlich anzumelden! Diese Regelung gilt unabhängig vom
Verkehrsmittel, also auch bei Verlassen des EU-Gebietes per Flugzeug.
Auch Touristen mit entsprechend hoher Reisekasse sind verpflichtet, bei
der Ausreise ins EU-Ausland diese schriftlich beim Zoll zu deklarieren.
Die Anmeldepflicht besteht auch, wenn der Reisende nicht Eigentümer des
Geldes ist.
Als Barmittel gelten auch Reise-/Schecks, Aktien, Schuldverschreibungen
u.ä.
Bei Verstöß;en werden drakonische Geldbuß;en von bis zu 1 Mio. EUR
fällig! Die Staatsanwaltschaft/Finanzbehörde wird informiert, wenn
Hinweise auf Geldwäsche oder Steuerverkürzung bestehen.
Es zeigt sich, dass die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und
Terrorismus die Freiheit des Bürgers massiv berührt.
Mitgeteilt von RA Hans Georg Hofmann
Fachanwalt für Steuerrecht, Heilbronn |
|
Vom Bürger zur Nummer: Bürger werden vom
Fiskus durchnummeriert
Ab 01.07.07 werden den einzelnen Bürgern Identifikationsnummern, welche
die Steuernummern ersetzen, zugeordnet. Damit haben erstmals die Bürger
in allen Bundesländern eine Nummer mit demselben logischen Aufbau, die
ein Leben lang unverändert und sogar bis zu 20 Jahren nach dem Tode
bestehen bleibt. Positiv ist, dass Umstrukturierungen in der
Finanzverwaltung sich deshalb nicht mehr auf die Nummer auswirken
können.
Vergeben werden die Nummern vom Bundeszentralamt für Steuern, Bonn.
Hierfür übermitteln die Meldebehörden zum 30.09.07 für jeden zum Ablauf
des 30.06.07 mit Hauptwohnsitz registrierten Einwohner Name, frühere
Namen, Vornamen, Ordens-/Künstlername, Tag/Ort der Geburt, Geschlecht
und gegenwärtige Anschrift. Die Identifikationsnummer wird dann im
Melderegister abgelegt.
Bei einer Geburt oder Zuzüglern ohne Identifikationsnummer übermittelt
die Meldebehörde die Daten automatisch dem Bundeszentralamt.
Entsprechendes gilt für änderungen der Daten oder Sterbefälle.
Die Finanzverwaltung ist so über die persönlichen Daten und jeweiligen
Wohnsitz des Bürgers laufend informiert. Der Bürger muß; die Nummer den
gesetzlichen und privaten Rentenversicherungsträgern mitteilen, die
ihrerseits die Alterseinkünfte anhand der Nummer an die
Finanzverwaltung weiterreichen müssen. Da die Finanzverwaltung schon
heute durch Kontenabrufe, Freistellungsaufträge, EU weite
Kontrollmitteilungen und diverse andere Datensammlungen über
weitgehende Informationsquellen verfügt, wird die Entwicklung vom
Steuerbürger zur bloß;en Nummer fortgesetzt.
Mitgeteilt von RA Hans Georg Hofmann
Fachanwalt für Steuerrecht, Heilbronn |
|
Das neue elektronische Handels- und
Unternehmensregister:
Auch kleine GmbH's müssen zukünftig, für jedermann einsehbar, ihre
Bilanzen veröffentlichen.
Ab 01.01.2007 gelten für alle offenlegungspflichtigen Unternehmen (AG,
Kommanditgesellschaft auf Aktien GmbH's) eine Reihe gravierender
änderungen.
Diese Unternehmen waren und sind nicht nur zur Erstellung, sondern auch
zur Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses verpflichtet.
Nach dem 31.12.2006 müssen die Rechnungsunterlagen nicht mehr beim
Handelsregister, sondern beim Betreiber des elektronischen
Bundesanzeigers (Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln) auf
elektronischem Wege (Word, Excel- oder XML-Format) eingereicht werden.
Nur übergangsweise ist Papierform noch bis 31.12.2009 möglich.
Die Rechnungsunterlagen werden sodann in das neu geschaffene
Unternehmensregister eingestellt, wo sie von jedermann im Internet
unter "www.unternehmensregister.de" eingesehen werden können.
Die Offenlegung muß; innerhalb von 12 Monaten nach dem
Abschlussstichtag erfolgen. Endet das Geschäftsjahr zum 31.12.06 hat
die Offenlegung spätestens zum 31.12.07 zu erfolgen.
Bei Verstöß;en ist nunmehr von Amts wegen ein Ordnungsgeldverfahren
einzuleiten, die festzusetzenden Ordnungsgelder bewegen sich zwischen
2.500,00 EUR und 25.000,00 EUR. Das Ordnungsgeld kann abgewendet
werden, wenn innerhalb von 6 Wochen nach der Ordnungsgeldandrohung die
Rechnungsunterlagen nachgereicht werden.
Zur überwachung der Offenlegungspflichten wurde eigens das Bundesamt
für Justiz, Bonn, geschaffen. Da die überprüfung "auf Knopfdruck"
erfolgen kann, wird sich die Praxis auf umfassende überprüfung und
Verfolgung von Verstöß;en einstellen müssen.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann
Fachanwalt für Steuerrecht, Heilbronn |
|
Kein Pardon bei falschen Angaben
Kein Pardon kannte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Az: 1 UF
b4/0b) in einem Unterhaltsprozess. In dem Verfahren ging es um die neue
Festlegung der Unterhaltsrenten, die zuletzt im Rahmen des
Scheidungsverfahrens eines Beamtenehepaares per Urteil festgelegt
worden waren.
Die Ehefrau übte als Beamtin eine Halbtagstätigkeit aus, weitete diese
Tätigkeit aber noch während der Prozesses zu einer 2/3-Stelle aus. In
der letzten mündlichen Verhandlung verschwieg Sie jedoch die mit einer
entsprechenden Einkommenssteigerung verbundene Ausweitung ihrer
Erwerbstätigkeit.
Der geschiedene Ehemann (ein Polizeibeamter) erfuhr einige Zeit später
davon. Er beantragte daraufhin den Wegfall seiner Unterhaltspflicht und
berief sich dazu auf eine "Verwirkung" des Unterhaltsanspruchs seiner
geschiedenen Frau, da diese vor Gericht unwahre Angaben gemacht habe
bzw. Tatsachen verschwiegen habe.
Das OLG gab diesem Antrag statt: Es stehe nicht im Ermessen des
Bedürftigen zu entscheiden, ob einzelne Tatsachen unterhaltsrechtlich
relevant seien oder nicht, begründeten die Richter ihre Entscheidung.
Diese Prüfung obliege allein dem Gericht. Der Unterhaltsberechtigte,
der unvollständige Angaben zu seinem Einkommen macht und
Einkommensveränderungen während des Unterhaltsverfahrens nicht
offenbart, begehe einen Prozessbetrug. Damit verwirkt der Berechtigte
sämtliche etwa bestehende Unterhaltsansprüche.
Mitgeteilt von Monika Siegel-Hofmann, Fachanwältin für Familienrecht |
|
Arzt muß; Unterhalt für ungewolltes Kind
bezahlen
Nur wenn man ein Kind als "Schaden" ansieht, kann es auch
Schadensersatz geben. Muß; ein Arzt für den Unterhalt eines ungewollten
Kindes Aufkommen, wenn er beim Einsatz von Verhütungsmaß;nahmen einen
Fehler gemacht hat?
In seinem jüngsten Urteil hat der Bundesgerichtshof einen Arzt zu
Unterhaltsleistungen verurteilt und damit die Frage erst einmal
grundsätzlich entschieden. Die personenrechtliche Beziehung zwischen
Eltern und Kind spreche nicht dagegen, in derartigen Fällen die
Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermögenß;chaden
anzusehen, so die Karlsruher Richter. Eine Ersatzpflicht des Arztes
bestehe auch dann, wenn die gegenwärtige berufliche und wirtschaftliche
Planung einer jungen Frau durchkreuzt werde und die zukünftige Planung
noch nicht endgültig absehbar sei. Gerade in solchen Fällen könne der
Fehler des Arztes zu erheblichen wirtschaftlichen Folgen führen. Auch
der Vater eines unehelichen Kindes sei in diesen Fällen einzubeziehen,
auch er müß;e nicht für das Kind aufkommen. So der BGH in seinem Urteil.
Den "Schaden" hat dennoch die Mutter, denn nach dem insoweit
inkonsequenten Urteil muß; der Arzt bzw. deß;en Versicherung nur das
Existenzminimum des Kindes bezahlen und zwar nur bis zum Eintritt der
Volljährigkeit. Wer die Entbindungskosten ersetzt oder dem Arbeitgeber
die Aufwendung für Lohnfortzahlung, auch darüber schweigt das Urteil.
Diese Fragen waren nicht Gegenstand dieses Verfahrens. (BGH, Urteil vom
14. November 2006 - VI ZR 48/06).
Mitgeteilt von Monika Siegel-Hofmann, Fachanwältin für Familienrecht |
|
Kündigungsschutz im Kleinbetrieb
Nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung des
Kündigungsschutzgesetzes genieß;en Arbeitnehmer in Betrieben, in denen
in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden, keinen
allgemeinen Kündigungsschutz. Vor der änderung lag die Grenze bei nur 5
Arbeitnehmern.
Hatte der Betrieb im Januar 2004 beispielsweise 6 Arbeitnehmer, so
behalten diese 6 "Arbeitnehmer" aber das Recht auf Kündigungsschutz,
werden also von der Gesetzesänderung nicht betroffen. Nur die
Arbeitnehmer, die danach eingestellt werden, verlieren das Recht auf
Kündigungsschutz, solange der Betrieb unter der Grenze von 10
Arbeitnehmern insgesamt verharrt. Dies gilt auch dann, wenn für
ausgeschiedene "Alt-Arbeitnehmer" andere Arbeitnehmer als "Ersatz"
eingestellt worden sind.
Sinkt die Zahl der Arbeitnehmer eines Betriebes später unter die Grenze
von 5 Arbeitnehmern, so verlieren alle Beschäftigten das Recht auf
Kündigungsschutz, auch wenn sie bereits vor dem 1. Januar 2004 dort
beschäftigt waren.
Voraussetzung ist allerdings, dass in dem Betrieb vor dem 1. Januar
2004 weniger als 10 Mitarbeiter tätig waren. Dies hat das
Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 21. September 2006 - 2 AZR
840/05 jetzt klargestellt. |
|
Durchleuchtete Steuerbürger: Verstärkter
Auskunftsaustausch im In- und Ausland
Das Finanzamt kann (unbekannte) Bankverbindungen von Steuerpflichtigen
- ohne dessen Kenntnis - über Bafin abfragen.
Diese Möglichkeit haben die Finanzämter bislang überwiegend für
Vollstreckungszwecke eingesetzt (Kontenpfändung).
Da das Abrufverfahren aber zur Sicherstellung der Besteuerung von
Einkünften aus Kapitalvermögen und privaten Veräuß;erungsgewinnen aus
Wertpapiergeschäften geschaffen wurde, sind die Finanzämter angewiesen
worden, die Abrufmöglichkeit verstärkt, auch für Zwecke der
Steuerfestsetzung, zu nutzen. Für die Praxis bedeutet dies, dass ein
Steuerpflichtiger in folgenden Fällen mit einer überprüfung seiner
Konten zu rechnen hat:
- |
|
wenn
er erkennbar über umfangreiches Kapitalvermögen verfügt und er nach
Aufforderung keine Jahresbescheinigung der Bank vorlegt, |
- |
|
wenn er trotz
hoher verfügbarer Mittel keine Kapitaleinkünfte erklärt, |
- |
|
wenn die
(aufwändige) Lebensführung nicht mit den erklärten Einkommens- und
Vermögensverhältnissen im Einklang steht, oder |
- |
|
wenn der
Steuerpflichtige wiederholt Schätzungen des Finanzamtes hinnimmt. |
Auch wenn ein Steuerpflichtiger Konten im Ausland hat, kann er sich
nicht mehr sicher fühlen. Neben den Ländern der EU und assoziierten
Ländern haben sich auch Länder wie Estland und Lettland durch
Vereinbarungen mit der Bundesregierung automatischen Auskunftsaustausch
in Steuersachen verpflichtet. Neben Zins-, Dividenden- und
Lizenzeinnahmen werden dem deutschen Fiskus automatisch
Vermögensveräuß;erungsgewinne, Unternehmensgewinne und Einkünfte aus
Löhnen, Ruhegehältern etc. mitgeteilt.
Die strafrechtlichen Folgen einer drohender Entdeckung nicht
deklariereter (Kapital-) Einkünfte können im Wege einer Selbstanzeige
und Nachzahlung der Steuern vermieden werden.
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann, Fachanwalt für
Steuerrecht, Heilbronn. |
|
Umsatzsteuerkarussell: EuGH rettet Existenz
hunderter gutgläubiger Unternehmen
Durch kriminelle Umsatzsteuerkarusselle entstehen dem Fiskus
Milliardenschäden. Das Prinzip: Unternehmen, die auf Warenlieferungen
Vorsteuer bezahlen, erhalten diese Steuer auf Antrag vom Finanzamt
erstattet. Kriminelle lassen sich die Steuer mehrfach erstatten. Die
Ware wird mehrfach in eine Warenkette eingebracht, die Vorsteuer dabei
mehrfach kassiert, während die Umsatzsteuer nicht abgeführt wird. Zur
Verschleierung werden regelmäß;ig ohne ihr Wissen gutgläubige seriöse
Unternehmen in die Warenkette eingebunden, mit ruinösen Folgen: Deckt
die Finanzverwaltung nämlich ein solches Karussell auf, streicht es dem
Unternehmer rückwirkend den Vorsteuerabzug für alle Erwerbe innerhalb
des Karussells, während die ordnungsgemäß; gezahlte Umsatzsteuer
bestehen bleibt. Dadurch kann sich der korrekt handelnde Unternehmer
Steuerforderungen in Millionenhöhe ausgesetzt sehen, je nach dem, wie
lange er unbewusst dort eingebunden war.
Der EuGH hat mit Entscheidung vom 12.01.06 klargestellt, dass diese zur
Existenzvernichtung führende Vorgehensweise des Fiskus nicht haltbar
ist. Es könne nur auf die konkrete Situation und Wissen des einzelnen
Unternehmers ankommen, nicht darauf, ob im Rahmen der Lieferkette
vorher oder nachher Umsätze getätigt werden, die mit einem Steuerbetrug
behaftet sind.
Durch dieses lang erwartete Urteil dürfte die Existenz mehrerer hundert
gutgläubiger Unternehmer gerettet worden sein.
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann, Fachanwalt für
Steuerrecht, Heilbronn. |
|
Auch Steuerschulden werden "getilgt"
Bundesgerichtshof (BGH) - Urteil vom
12.01.2006 - IX /B 29/04
Wer ein persönliches Insolvenzverfahren beantragt, kann nach Ablauf von
6 Jahren beim Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung beantragen.
Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag ist unter anderem, dass
alle pfändbaren Bezüge während des Insolvenzverfahrens an einen vom
Gericht bestellten Treuhänder geflossen sind.
Die Restschuldbefreiung wirkt auch gegenüber dem Finanzamt für
sämtliche Steuerschulden, allerdings können Gläubiger - und somit auch
das Finanzamt - bei Gericht beantragen, die Restschuldbefreiung zu
versagen.
Das Gericht kann nur aufgrund eines Antrags entscheiden, ohne Antrag
eines Gläubigers findet keine Prüfung statt. Hauptgrund für eine
Versagung der Restschuldbefreiung sind unrichtige oder unvollständige
Angaben des Schuldners über seine wirtschaftlichen Verhältnisse.
Was also, wenn der Schuldner keine Steuererklärungen abgegeben hat und
Schätzungen erfolgt sind?
Die Steuerschätzung alleine ist noch kein Grund, die
Restschuldbefreiung zu versagen, so das Urteil des BGH. Eine teilweise
auf Schätzungen des Schuldners beruhende ESt-Erklärung sei nur dann
"unrichtig" im Sinne des § 290 Insolvenzordnung, wenn die Unrichtigkeit
feststehe, entschieden die Karlsruher Richter. Es müsse zur vollen
überzeugung des Insolvenzgerichtes feststehen, dass der Schuldner
falsche Angaben gemacht habe.
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Hans Georg Hofmann, Fachanwalt für
Steuerrecht, Heilbronn. |
|
Steuersparmodell für Ehepaare
Bundesfinanzhof (BFH) - Urteil vom
12.7.2005 - II R 29/02
An Stelle eines Schenkungsvertrages schloss das langjährig verheiratete
Ehepaar einen Ehevertrag ab, in dem sie die Beendigung des Güterstandes
der Zugewinngemeinschaft mit Ablauf des Tages des Vertragsschlusses
vereinbarten. Zugleich begründeten sie für den folgenden Tag erneut den
Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Den bis zum Stichtag
auszugleichenden Zugewinn setzten die Eheleute einvernehmlich fest.
Schenkungssteuer bezahlten sie für die Transaktion nicht.
Damit war das Finanzamt nicht einverstanden. Es vertrat die Ansicht,
dass eine freiwillige Zuwendung an die Ehefrau erfolgt sei und setzte
Schenkungsteuer gegen das Ehepaar fest.
Zu Unrecht, wie der BFH jetzt feststellte: Wenn es tatsächlich zu einer
güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft kommt, sei die
Ausgleichszahlung auch dann nicht steuerpflichtig, wenn der Güterstand
der Zugewinngemeinschaft unmittelbar im Anschluss daran wieder neu
begründet wird, entschied das Gericht.
Auch ohne eine Scheidung können Ehepaare den zwischen ihnen bestehenden
Güterstand jederzeit ändern. Durch die Verteilung des Vermögens auf
zwei Köpfe wird die Progression gemildert und die Kinder können den
Freibetrag doppelt im Anspruch nehmen. Weiteres Vermögen des
Ehepartners kann im Erbfall unmittelbar auf die nächste Generation
übergehen, wenn der andere Ehegatte durch den Zugewinnausgleich bereits
ausreichend abgesichert ist. So wird u.a. eine doppelte Belastung mit
Erbschaftsteuer verhindert.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Siegel-Hofmann, Fachanwältin für
Familienrecht, Heilbronn. |
|
Steuerhinterziehung/Haftung des Ehegatten
Bundesfinanzhof (BFH) - Urteil vom
16.4.2002 - IX R 40/00
Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist nicht, wer sich
als Ehegatte darauf beschränkt, die gemeinsame
Einkommensteuer-Erklärung zu unterschreiben, in der der andere
unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht.
Sachverhalt
Der Ehemann der Klägerin hatte sonstige Einkünfte über mehrere Jahre
hinweg nicht in den ESt-Erklärungen angegeben. Die Erklärungen wurden
vom Ehemann erstellt und von der Ehefrau mitunterschrieben, die
unstrittig von deren Unrichtigkeit wusste.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Klägerin allein durch
ihre Unterschrift unter die gemeinsame Steuererklärung keine
Steuerhinterziehung begangen hat. Der Ehepartner macht sich danach
selbst dann nicht strafbar, wenn er weiß;, dass der andere Ehepartner
seine Einkünfte unzutreffend in der Steuererklärung angegeben hat. Nach
dem Prinzip der Individualbesteuerung werden bei der
Zusammenveranlagung die Einkünfte der Ehegatten gesondert ermittelt,
zusammengerechnet und dann den Ehegatten gemeinsam zugerechnet. Der
Erklärungsgehalt der (bloß;en) Unterschrift beschränkt sich demzufolge
auf die Einkunftsarten, die den jeweiligen Ehepartner selbst betreffen.
Nach Ansicht des BFH verwirklicht der Ehepartner auch keine
Steuerhinterziehung durch Unterlassen, da für ihn auf Grund der
bestehenden Aussageverweigerungsrechte als Ehegatte keine Pflicht zur
Richtigstellung der Angaben des Ehepartners gegenüber den
Finanzbehörden besteht.
Praxishinweis
Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung und entspricht der
herrschenden Auffassung in der Literatur. Anders hätte der BFH den Fall
betrachtet, wenn die Klägerin (Ehefrau) weitere Tatbeiträge geleistet
und insoweit tatsächlich an der Straftat (aktiv oder psychisch)
teilgenommen hätte.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Rechtsprechung der Finanzgerichte
alsbald auf die Praxis der Straf- und Buß;geldbehörden durchschlägt,
die in aller Regel bei Zusammenveranlagung das Strafverfahren stets
gegen beide Ehepartner einleiten. |
|
Eine Unterschrift fehlte: Kündigung
unwirksam
Bundesarbeitsgericht (BAG) - Urteil vom
21.4.2005 - 2 AZR 162/04
Eine Zahntechnikerin war in einer von drei Zahnärzten gemeinsam
betriebenen Praxis angestellt. Am 26. April 2002 erhielt sie eine
fristgerechte Kündigung zum 10. Mai 2002. Das Kündigungsschreiben war
nur von zwei Zahnärzten unterschrieben, die dritte Unterschrift fehlte.
Die Zahntechnikerin hielt die Kündigung wegen der fehlenden
Unterschrift für unwirksam. Erst als sie zum 30. September 2002 eine
neue Stelle gefunden hatte, kündigte sie selbst.
Von den Zahnärzten verlangte sie die Bezahlung ihres Gehaltes bis zum
30. September, als diese sich weigerten, kam es zum Rechtsstreit.
Erst das BAG gab der Zahntechnikerin Recht, zwei Instanzen hatten gegen
sie entschieden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 632 BGB).
Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, dass der
Kündigende die Kündigung unterzeichnet.
Hier fehlte eine Unterschrift. Das Argument der Zahnärzte, sie hätten
zugleich in Vertretung für den abwesenden Kollegen unterschrieben, half
nicht.
Nach Ansicht der Bundesarbeitsrichter genüge es nicht, wenn lediglich
ein Teil der Praxis- Gesellschafter ohne weiteren Vertretungszusatz die
Kündigung unterschreiben. Eine solche Kündigungserklärung enthalte
keinen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, dass es sich nicht
lediglich um den Entwurf eines Kündigungsschreibens handelt, der
versehentlich von den übrigen Gesellschaftern noch nicht unterzeichnet
ist.
Die Zahnärzte wurden entsprechend zur vollen Gehaltsnachzahlung
verurteilt. |
|
Verwarnungsgelder sind steuerfrei
Bundesfinanzhof (BFH) - Urteil vom 7.7.2004
- VI R 29/00
übernimmt der Arbeitgeber, aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem
Interesse die Zahlung von Verwarnungsgeldern, die gegen die bei ihm
angestellten Fahrer wegen Verletzung des Halteverbots verhängt worden
sind, so handelt es sich hierbei nicht um Arbeitslohn. Der Arbeitnehmer
muss die Zahlungen also nicht versteuern. Im entschiedenen Fall ging es
um einen 24-Stunden-Paketzustelldienst. Dieser könne nach dem Vortrag
des Unternehmens nur gewährleistet werden, wenn die Fahrer mit ihren
Fahrzeugen in unmittelbarer Nähe zum Kunden hielten, gegebenenfalls
auch in Fuß;gänger- oder in Halteverbotszonen. Würden die Fahrer ihre
Fahrzeuge nur dort abstellen, wo dies erlaubt sei, wäre das Unternehmen
nicht konurrenzfähig. Das genügte für die Annahme eines überwiegenden
eigenbetrieblichen Interesses. |
|
Keine "Gnade" für den falschen Arzt
Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 3.11.2004
- 5 AZR 592/03
über 8 Jahre lang war er als Gynäkologe in einer Universitätsklinik
beschäftigt. Bei der Einstellung hatte er eine gefälschte
Approbationsurkunde vorgelegt. Eine Zulassung als Arzt besaß; er nie,
da er zwar ein Medizinstudium absolviert hatte, aber keinen formellen
Prüfungsnachweis besaß;.
Als die Klinik endlich davon erfuhr, erklärte sie die Anfechtung des
Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangte einen
erheblichen Teil der gezahlten Vergütung (rund 70.000 Euro) von dem
falschen Arzt zurück. Dieser verteidigte sich zunächst vor den
Arbeitsgerichten erfolgreich mit folgendem Argument: Das
Arbeitsverhälins sei nicht vor seiner Beendigung auß;er Funktion
gesetzt worden. Er habe nicht krass sittenwidrig gehandelt. Der
Umstand, dass er keinen formellen Prüfungsnachweis besessen habe, sei
für den Wert der Arbeitsleistung nicht von Belang. Er habe zu jedem
Zeitpunkt seiner Tätigkeit die Fähigkeit besessen, den Arztberuf
auszuüben.
Die hier zweifellos gerechtfertigte Anfechtung eines
Arbeitsverhältnisses hat in der Regel keine rückwirkende Kraft. Es ist
für den Zeitraum, in dem es trotz der ihm anhaftenden Mängel in
Funktion gesetzt war, wie ein fehlerfrei zu Stande gekommenes
Arbeitsverhältnis zu behandeln. Ausnahmen bestehen im Falle eines
besonders schweren Mangels, und davon ging das BAG in seinem Urteil
auch aus: Durch die strafbare Praktizierung des Arbeitsvertrags könne
hier keine "Heilung" für die Vergangenheit eintreten, entschied das
Gericht. Die Ausübung der Heilkunde ohne Approbation, Erlaubnis oder
sonstige Berechtigung ist unter Strafandrohung gesetzlich verboten. Das
Geld muss zurück gezahlt werden. |
|
Zinseinnahmen im AuslandFinanzgericht Baden-Württemberg - Beschluss
vom 20.12.2004
Das Finanzamt nahm die Steuerpflichtigen, ein türkisches Ehepaar, die
seit 34 Jahren in Deutschland leben und arbeiten, aber der deutschen
Sprache nicht hinreichend mächtig sind, auf Nachzahlung von
Einkommensteuer für in der Türkei in den Jahren 1994-1998 erzielte
Zinseinkünfte i.H.v. 20.000 Euro in Anspruch. Der türkische Staat hat
zwei Prozent der Zinsen als Steuer einbehalten. Ein Hinweis auf eine
weitere Steuerpflicht in Deutschland erfolgte nicht. Da die
Regelverjährungsfrist bereits abgelaufen war, setzen die
Steuerbescheide vorsätzliche Steuerverkürzung voraus.
Das FG Baden-Württemberg hat im Eilverfahren die
Einkommensteuerbescheide ausgesetzt, weil das Finanzamt eine
vorsätzliche Steuerverkürzung nicht nachgewiesen habe. Die bloß;e
Tatsache, dass die steuerlich vertretenen Antragsteller bei ihren
Steuererklärungen angaben, keine über den Freibeträgen liegende
Zinseinnahmen erzielt zu haben, reiche für Vorsatz nicht aus.
Angesichts der Sprachschwierigkeiten und des Bildungsniveaus (nur sechs
Schuljahre) könne insbesondere nicht unterstellt werden, dass die
Antragsteller Fragen und Erläuterungen in den Erklärungsvordrucken
gelesen und verstanden hätten.
Die Finanzverwaltung fordert bei Dauersachverhalten, wie z.B.
Zinseinnahmen, Steuern grundsätzlich über einen Zehnjahreszeitraum
nach. Der dafür notwendige Vorsatz wird oft einfach unterstellt. In
besonders gelagerten Fällen, wie bei komplizierten Gestaltungen, bei
Auslandssachverhalten oder Sprachschwierigkeiten der Steuerpflichtigen
o.ä., sollte deshalb stets der die 10-jährige Frist auslösende Vorsatz
hinterfragt und ggf. Einspruch und Klage eingelegt werden. |
|
|
|
|
|
|
|
|
Anwaltskanzlei
Siegel-Hofmann & Hofmann . Niederhofener Str. 26 . 74080 Heilbronn
Telefon: 07131/68371 oder 82633 . Telefax: 07131/179489 |
|
|
|